Die Fliegerfaust – Deutschlands geheime Luftabwehrwaffe im Zweiten Weltkrieg
Die „Fliegerfaust“, auch als „Luftfaust“ bekannt, war eine experimentelle, tragbare Mehrfachraketenwaffe, die von Deutschland gegen Ende des Zweiten Weltkriegs entwickelt wurde. Ihr Zweck war die Bekämpfung feindlicher Tiefflieger, insbesondere alliierter Jagdbomber, die deutsche Bodentruppen und Nachschublinien angriffen. Obwohl sie ein innovatives Konzept darstellte, wurde die Waffe nie in großem Maßstab eingesetzt.
Entwicklung und Konstruktion
Die Entwicklung der Fliegerfaust begann 1944 durch die Firma HASAG (Hugo Schneider AG). Sie war als Mehrfachraketenwerfer für einzelne Soldaten konzipiert und sollte eine kostengünstige Alternative zur konventionellen Flugabwehr bieten. Die Waffe bestand aus mehreren Rohren, in denen ungelenkte Raketen untergebracht waren. Die erste Version, die Fliegerfaust-A, hatte vier Abschussrohre für 20-mm-Raketen, während die weiterentwickelte Fliegerfaust-B über neun Rohre verfügte.
Die Raketen wurden in schneller Abfolge abgefeuert, wobei zwischen der ersten und der letzten Rakete eine minimale Verzögerung lag, um die Treffergenauigkeit zu erhöhen. Die effektive Reichweite lag bei etwa 500 bis 800 Metern, was für den Einsatz gegen Tiefflieger wie die P-47 Thunderbolt oder die Hawker Typhoon geeignet war.
Produktion und begrenzter Einsatz
Trotz des vielversprechenden Designs blieb die Produktion der Fliegerfaust begrenzt. Im Jahr 1945 bestellte das deutsche Oberkommando 10.000 Abschussgeräte und 4 Millionen Raketen. Aufgrund der fortschreitenden Kriegsniederlage und Produktionsengpässen wurden jedoch nur etwa 80 Exemplare an die Truppe geliefert. Diese kamen vor allem bei Saarbrücken in den letzten Kriegsmonaten zum Einsatz, allerdings gibt es nur wenige Berichte über ihre tatsächliche Wirksamkeit.
Da die Waffe keine Zielerfassung oder Lenkung besaß, war sie stark von der Schussdistanz und der Geschwindigkeit des gegnerischen Flugzeugs abhängig. Berichte über erfolgreiche Abschüsse sind rar, und es wird vermutet, dass die Fliegerfaust nur begrenzten Einfluss auf den Luftkrieg hatte.
Nachkriegsbewertung und Einfluss
Obwohl die Fliegerfaust in ihrer Zeit nicht ausgereift genug war, hatte sie einen bedeutenden Einfluss auf spätere Waffensysteme. Die Idee eines tragbaren Raketenwerfers zur Luftabwehr wurde nach dem Krieg weiterentwickelt, insbesondere durch Systeme wie die amerikanische FIM-43 Redeye und später die weit verbreitete FIM-92 Stinger. Diese modernen Flugabwehrraketen verfügen über Wärmeleitsysteme, die sie weitaus effektiver als ihre deutschen Vorgänger machen.
Fazit
Die Fliegerfaust war ein bemerkenswerter Versuch, eine mobile und leicht bedienbare Luftabwehrwaffe für Infanteristen zu schaffen. Ihr Konzept war seiner Zeit voraus, jedoch verhinderten technische und logistische Probleme eine breite Einführung. Letztendlich blieb die Waffe ein selten genutztes Relikt der letzten Kriegsmonate. Dennoch beeinflusste ihre Entwicklung spätere tragbare Flugabwehrsysteme und zeigt, wie innovativ deutsche Waffentechnik selbst in der Endphase des Krieges war.